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#7Thesen: Ein Fazit zu den #mtm15

Die Medienbranche befindet sich in einem ständigen Wandel. Einmal im Jahr kommen deshalb auf den Medientagen in München Experten aus der Branche zusammen, um die aktuelle Lage zu besprechen. 2015 bereits zum 29 Mal. Mit über 90 verschiedenen Präsentationen und über 400 ReferentInnen kommt einiges an Diskussionsmaterial zusammen. Ich habe die #mtm15 zum ersten Mal besucht – insgesamt 15 Panels angeschaut – und es gibt einige Einstellungen und Denkweisen, die sich durch die Vorträge gezogen haben: Meine #7Thesen von den Medientagen, wie´s mit der Medienbranche weitergeht:

 

1. Das Fernsehen lebt, Bewegtbild ist die Zukunft

Die jährliche Eröffnung auf den Medientagen endet mit dem heiß erwartetem TV-Gipfel, der in diesem Jahr von TV-Legende Thomas Gottschalk moderiert wurde. Anders als angenommen, war die Branchenskepsis sehr gering, eigentlich gar nicht da. Voller positiver Einstellung kam die Diskussionrunde (u.a. mit P7S1-Geschäftsführer Wolfgang Link, ZDF-Programmdirektor Norbert Himmler und Vice President der Amazon Studios Roy Price) in der Diskussion auf den Schluss, dass das Bewegbild die Zukunft sei, davon profitieren alle Bereiche.

© www.medientage.de V.l.n.r: Jay Marine, Carsten Schmidt, Kelly Day, Thomas Gottschalk, Norbert Himmler, Wolfgang Link, Fred Kogel

© www.medientage.de V.l.n.r: Jay Marine, Carsten Schmidt, Kelly Day, Thomas Gottschalk, Norbert Himmler, Wolfgang Link, Fred Kogel

Das führt mich gleich zur zweiten These:

2. Das lineare TV bleibt einstweilen und Videocontent verteilt sich auf allen Plattformen

Videocontent ist gefragt wie nie, war sich das Panel einig. Egal, ob auf YouTube oder Facebook (FB ist mittlerweile das zweitgrößte Videoportal der Welt), auf Streaming-Plattformen oder eben im TV, die User wollen Bewegtbild sehen. Deshalb zeigten sich auf den Medientagen die Fernsehanproduzenten nicht wirklich von Amazon Instant, Netflix und ähnlichen Videodiensten beeindruckt oder gar bedroht.

Stattdessen wollen die Fernsehanstalten noch lange am linearen TV festhalten – ohne jedoch natürlich den Ausbau von Online- und Mediathekangeboten außer Acht zu lassen, ZDF-Programmdirektor Himmler meint, man müsse das lineare Fernsehen „mutiger machen“. Ein Zukunftsforscher ging davon aus, dass Fernsehstationen in Zukunft zu “Content Powerhäusern” werden, der Name wegen der breiteren Aufstellung und der breiteren Verteilung der Inhalte.

Ein weiterer Aspekt, der zeigt, wie beliebt Videocontent ist, ist die Livestreaming-App Periscope, mit der jeder in Echtzeit live – nur mit Handy und Internetverbindung – einen Broadcast erzeugen kann. Daniel Cremer, BILD-Chefreporter, der nach der Bombendrohung beim “Germany´s Next Topmodel”-Finale der App zum Durchbruch im deutschsprachigem Raum geholfen hat, hat sie persönlich vorgestellt und sieht in ihr großes Potenzial für Medienhäuser, aber auch Privatnutzer, in Zukunft.

Daniel Cremer filmt sich selbst auf Periscope

Daniel Cremer filmt sich selbst auf Periscope

3. Google, Facebook und Co: Kein Freund, aber auch kein Feind

Ziemlich überraschend war auch die Tatsache, dass Facebook und Google schon lange nicht mehr der Feind der deutschen Medienhäuser ist. Sie haben damit abgeschlossen gegen die riesigen amerikanischen Internetkonzerne anzukämpfen, stattdessen will man koopieren – in unterschiedlichen Formen.

© www.medientage.de

© www.medientage.de: Content-Gipfel

Die BILD wird in absehbarer Zeit nach dem Launch Teil von Facebook Instant Articles (und lagert somit ihre Inhalte teilweise direkt auf die Facebook-Server aus), ZEIT Online hingegen verzichtet drauf, weil deren Chef Jochen Wegner darin keinen Bedarf sieht (“Nur knapp 10% des Traffics kommen von FB”).

In Österreich ist von all dem noch kein Rede. Als Vertreterin für derstandard.at war Alexandra Föderl-Schmid auch als Speakerin zu Gast auf den #mtm15. Sie will dem “Tier Facebook” keine Inhalte freiwillig überlassen. Im Nachsatz fügt sich noch hinzu:

Eine traurige Erkenntnis, die ich bereits am zweiten Tag auf den Medientagen machen muss. In München werden Dinge für die Zukunft der Medienbranche diskutiert, die in Österreich noch lange kein Thema sein werden. Traurig eigentlich. 

4. Content war king, heute ist “Content kingdom and the product king”

Früher gab es den berühmten Satz: Content ist king. Also nur wer die besten Inhalte hat, überzeugt am Markt, weil Medienrezipienten ja schlussendlich die besten Inhalte wollen. Der Spotify-Geschäftsführer (DACH-Region) Stefan Zilch bringt es in seinem “Fireside-Talk” aber knackig auf den Punkt: “Content is kingdom, but the product is king” und nennt als Beispiel klarerweise die Musik: Musik gibt es viel und überall (das Königreich), aber in diesem Königreich braucht man halt auch einen König, den muss das gute Produkt darstellen, in diesem Fall der Musikstreamingdienst. Dieses Beispiel ist überall hin übertragbar: Die starke Marke und das Produkt sind für den Erfolg des Inhalts verantwortlich.

© www.medientage.de Am Foto: Alina Fichter, Stefan Zilch

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Am Foto: Alina Fichter, Stefan Zilch

5. Technologie und Content sind wichtig, aber noch wichtiger ist Engagement

Dr. Yaser Bishr (Executive Director Strategy and Development, Al Jazeera Media Network) geht sogar einen Schritt weiter: Heutzutage gibt es überall guten Content. Seitdem so gut wie jeder zum Publisher werden kann, ist guter Content kein USP mehr, es gibt wichtigeres: Das Engagement mit dem Nutzer.

© www.medientage.de Am Foto: Yaser Bishir

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Am Foto: Yaser Bishr

Die Nutzer wollen heute respektvoll im Internet behandelt werden. Sie wissen, dass sie aufgrund des großen Angebots, eine kleine Vormachtsstellung haben: Dort, wo sie den besten Service bekommen, werden sie bleiben, die Inhalte sind ja grundsätzlich bei den verschiedenen Angeboten ähnlich.

Dabei darf eines nicht vergessen werden: Richtiges Engagement mit den Nutzern kann weiterhin nur auf der Basis von gutem Content und gut ausgetesteten und funktionierenden Technologien fußen. Als Beispiel für richtiges Engagement nennt Bishr „sein“ Jugendportal AJ+ (welches nur direkt auf den Social Networks existiert und keine eigene News-Website hat). Teilweise explodiert das Engagement dort auf der Seite: Während klassiche Newsseiten wie BBC oder NBC auf Facebook ca. 10% Engagement haben (Verhältnis von Leuten, die über eine Seite sprechen geteilt durch gesamte Like-Anzahl), erreichte AJ+ schon mal einen Wert von 635%.

6. Soziale Netzwerke dienen der Markenbildung, bringen aber keine Seher

Am Social Media-Tag (Freitag) hat gleich am Morgen der stellvertretende ProSieben-Geschäftsführer und Social Media-Verantwortliche des Senders Christoph Körfer über deren Social Media-Strategie gesprochen.

Christoph Körfer über SM...also Social Media

Christoph Körfer über SM…also Social Media

Mittlerweile erwarten die Nutzer, dass Sender auf Social Media-Plattformen unterwegs sind und sie dort ernstgenommen werden. Dass Social Media nicht nur nebenbei gemacht werden darf, ist klar, bei ProSieben arbeitet ein großes Team hauptberuflich an deren Angeboten:

Meistens sind die lange geplanten Strategien erfolgreich – teilweise aber nur im Web. Körfer erzählte, dass der Erfolg auf den Plattformen nicht mit dem Erfolg im TV zusammenhängen muss: Als Beispiel nannte er das Got To Dance-Finale: War #GoT zwar auf Platz 1 der Twittertrends, ist es an den TV-Quoten gesehen aber unzufriedenstellend gewesen. Kurzum heißt das:

7. Jüngere Zielgruppen zu erreichen ist schwer, sie wollen “Online first”

Junge Zielgruppen zu erreichen, gilt aktuell als die “Mission Impossible” unserer Zeit. Gerade bei öffentlich-rechtlichen Anstalten ist dies zu sehen. Wie festgefahren, die staatlichen Sender sind, fällt sofort auf, als die Leiterin der Onlineredaktion von daserste.de Ingrid Günther auf die Frage nach “was sind denn junge Zuseher” mit “alle bis 49 Jahre” antwortet.

©SWR

© SWR: Walulis sieht fern

Philipp Walulis ist TV-Satiriker und hat im Spartensender BR-Alpha seine eigene Sendung mit dem Namen “Walulis sieht fern”, in der er Fernsehprogramme auseinandernimmt und humorvoll, überspitzt darstellt. Er meint, im Web sei seine Sendung ein großer Erfolg und werde gut geklickt. Aktuell ist die Überlegung, Clips der Sendung schon vorher im Internet hochzuladen und erst dann im TV zu senden, das “Internet biete schließlich so viele Möglichkeiten”. Wie schwer es ist als Produzent Programm für junges Publikum zu machen, vergleicht Walulis seinen Ausflug ins ARD-Hauptprogramm mit dem „föderalistischen Pendant“ einer Fernsehserie:

 

Das waren meine #7Thesen, die in den vergangenen drei Tagen herausgestochen sind. Gerade als Student sind diese Kongresstage mit Talks, Diskussionen und Vorträgen aus und über die Medienbranche extrem spannend und man kann tatsächlich mit den verschiedensten Ansätzen etwas anfangen und sie für die eigene Arbeit mitnehmen. Nächstes Jahr bin ich sicher wieder auf den Medientagen in München – um zu überprüfen, inwiefern die Thesen noch stimmen oder ob die Medienbranche sich doch komplett in eine andere Richtung verändert. Im Endeffekt entscheiden das die Nutzer. Also auch jeder von uns.


Funfact für die Zahlenliebhaber und Datenjournalisten: In den 3 Tagen habe ich 97 Tweets @mariohanousek unter dem Hashtag #mtm15 zum Kongress abgesetzt. Insgesamt haben diese Tweets eine Reichweite von ziemlich genau 50.000 Views gehabt und mir dadurch 20 neue Follower gebracht. Coole Sache :)

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